
Am Ufer der Spree, dort, wo einst die Berliner Mauer das Wasser durchzog und wo die Stadt noch immer Spuren dieser Teilung trägt, entsteht ein neuer Ort: der Grenz- und Museumshafen Berlin. Ein Ensemble, das Geschichte nicht hinter Mauern verschließt, sondern inmitten des urbanen Gefüges für Erinnerung, Begegnung und Alltag öffnet.

Zwischen
Erinnerung,
Gegenwart und
öffentlichem Leben
Der Entwurf von &MICA entwickelt ein städtebauliches Ensemble, das Denkmal, Museum und Plattform zu einer zeitgenössischen Architektur am Wasser verschränkt. Im Zentrum steht der historische Grenzsteg, ein stilles Relikt der Teilung, das unberührt bleibt. Ihm zur Seite tritt ein neuer Steg, der ihn rahmt, begleitet und seine Wirkung verstärkt. Gemeinsam mit dem Museum und einer öffentlichen Plattform entsteht ein Geflecht von Räumen, die Erinnerung erfahrbar machen, ohne den Alltag auszuschließen. Hier wird Geschichte nicht museal eingefroren, sondern als Teil der Stadtgesellschaft lebendig gehalten.
Der neue Steg schwebt knapp über dem Wasser, leicht, zurückhaltend, stets unterhalb des Originals. Ein gitterartiger Boden lässt die Spree sichtbar werden, geschlossene Seitenwände lenken den Blick, schaffen Konzentration und Intensität. In Boden und Geländer eingelassene Fragmente – Zitate, Biografien, Stimmen – erzählen von Schicksalen, Flucht und Verlust. Wer den Steg begeht, erlebt Geschichte körperlich, Schritt für Schritt. Am Ort des ehemaligen Wachturms erhebt sich ein Aussichtspunkt, der einstige Kontrolle in Weite und Reflexion verwandelt.


Das Museum: Zentrum im Ensemble
Das Museum markiert die Schnittstelle zwischen Gedenken und öffentlichem Leben. Ein klarer Baukörper, umhüllt von einer leichten, beweglichen Fassade aus Bootstauen, die mit Wind und Licht spielt, ein Echo auf Wasser, Schiff und Strömung. Dahinter eine flexible Struktur: mal geschlossen, mal transparent, offen für Ausstellungen, Workshops, Veranstaltungen.
Der Zugang erfolgt über das begehbare Dach, das selbst Teil des Rundgangs ist: ein Ort des Ausblicks, der Information, der Begegnung unter freiem Himmel. Auf Plattformebene öffnet sich das Gebäude mit Café und Freizeitflächen zum Wasser. Das Museum wird so nicht nur Denkraum, sondern Teil einer urbane architektur, die öffentlichen Raum gestaltet und die Stadtgesellschaft einlädt.
Die Plattform liegt wie eine Insel auf der Spree, offen, grün, zugänglich. Sie verbindet Denkmal, Museum und Freizeit, lädt zum Verweilen, Flanieren, Spielen, Essen oder Paddeln ein. Zwei Bootshäuser rahmen den Ort: eines als Café mit Terrasse über dem Wasser, eines für Bootsverleih und Infrastruktur. In ihrer Typologie knüpfen sie an die Tradition klassischer Bootsbauten an und fügen sich atmosphärisch in das Bild der Anlage ein. Holzkonstruktion, Holz-Stahl-Kombination und offene Fassaden schaffen Atmosphäre, Leichtigkeit und Nähe zum Wasser. So entsteht ein Raum, der Geschichte und Gegenwart miteinander verschränkt: Wer zum Entspannen kommt, trifft auf Erinnerung; wer die Vergangenheit sucht, findet zugleich einen lebendigen Ort im Heute.
Die Plattform: Verbindungsraum und Freizeitbereich


Konstruktion: Gebaut für Dauer und Wandel
Die Plattform misst rund 2.430 m² und ruht auf einer Pfahlgründung aus Stahlrohren, die reversibel sind und so einenRückbau nach dem cradle to cradle Prinzip ermöglichen. Ein Trägerrost aus verschraubten Stahlträgern trägt den Oberboden aus rutschfestem Holz, robust und zugleich leicht demontierbar.
Das Museum selbst ist als Stahlskelettkonstruktion ausgeführt, deren Raster sich dem der Plattform anpasst. Das Bootshaus ist als reiner Holzbau entworfen, warm, einfach, klar. Die Stege folgen derselben Logik wie die Plattform: schwebende Konstruktionen, Stahl auf Stahlrohren, mit Belägen aus feuerbeständigen Gitterrosten.
So wird der Museumshafen zu einem Beispiel für nachhaltiges Bauen und innovative Architektur in Berlin. Ein Ensemble, das Erinnerung trägt und Zukunft denkt.


Integration in den Stadtraum
Der Grenz- und Museumshafen Berlin ist kein isoliertes Objekt, sondern als Teil einer Stadtarchitektur gedacht, eingebettet in ein Geflecht von Wegen der Erinnerung. Eine neue Brücke verlängert die Eichenstraße über das Wasser, führt direkt auf das Dach des Museums und bindet den Ort an die Stadt an. Von hier aus entfaltet sich eine Route entlang des ehemaligen Mauerverlaufs, vorbei am Wachturm Schlesischer Busch, an Resten der Berliner Mauer, bis hin zur Anlage. Infopoints an Orten wie Oberbaumbrücke, East Side Gallery oder Treptower Park verankern das Projekt im Gedächtnis Berlins.
So wird der Grenz- und Museumshafen Teil einer größeren Erzählung: nicht abgeschlossen, sondern offen. Ein Ort, an dem die Vergangenheit gegenwärtig bleibt und die Stadt ihre Geschichte immer wieder neu befragt.